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PANEL Online, Ausgabe eins, März 2006

"Ach, Sie machen Comics..."

Horst Pohl über Ostfriesland, Penthouse und sein erstes Buch

Das Interview mit Horst Pohl fand in seiner Küche statt. Während er am Herd etwas leckeres brutzelte, machte ich die erste Flasche Wein auf. Es war der perfekte Zeitpunkt, die allseits lästige, die obligatorische Standardfrage loszuwerden:

• Du, sag mal Horst, wie bist Du eigentlich zum Zeichnen gekommen?

Es fing an, wie bei vielen, als ich ein kleiner Junge war. Ich wuchs in Ostfriesland auf dem platten Land auf. Meine Eltern, die Nachbarn, das ganze Umfeld war so gar nicht kulturell und kreativ ausgerichtet, was mich sehr hemmte. Doch ich hatte immer einen Stift dabei und habe viel herum gekritzelt. Irgendwann bekam ich dann die ersten Comics in die Hand. Das war schon eine kleine Sensation.

• Welche waren das?

Donald Duck, Clever & Smart, Asterix und so'n Kram. Später dann U-Comix ...

• Und wie ging es weiter?

Nun, ich fing an, die ersten Comics zu zeichnen. Erst habe ich Micky Maus nachgemalt, dann fing ich mit eigenen Geschichten an. Das faszinierte mich derart, das ich irgendwann daran dachte, Kunst zu studieren. Doch niemand konnte mir da weiter helfen. Also fuhr ich mit dem Rad einige Straßen weiter, dort wohnte ein Künstler. Wir hatten telefoniert und er wollte mir einige Infos wegen des Studiums geben. Als ich ihm meine Mappe zeige, ließ sein Interesse an mir abrupt nach. Er sagte: „Ach sie machen Comics....“ Es entstand eine Pause, in der er mir zu verstehen gab, dass Comics für ihn das allerletzte waren.

• Lustig.

Geht so. Auf mich kamen problematische Zeiten zu. Eine abgebrochene Lehre als Schauwerbegestalter. Eine punkige Zeit in der nächstgrößeren Stadt (Leer, Ostfriesland) und kein Plan, wie es weitergehen sollte. Ich lebte von 300 Mark Arbeitslosenhilfe. Ab 1990 bin ich dann auf eine höhere Berufsfachschule gegangen, um mein Abi nachzumachen, mit dem ich dann studieren wollte. Als Nebenjob hab ich in einem Pressearchiv gearbeitet. Und obwohl ich herumlief wie der letzte Hänger, habe ich auf den Archiv-Chef (Henning Christoph) einen guten Eindruck gemacht. Irgendwie mochte er mich, und wir haben immer noch einen guten Kontakt. Schon immer versuchte er, mir Aufträge an Land zu ziehen. Nach über 10 Jahren konnte er mich ans Penthouse-Magazin vermitteln. Jeden Monat musste ich 8 Cartoons abliefern, von denen dann letztendlich nur 4 genommen und bezahlt wurden. Wegen des schlechten Managements war der Verlag nach einem halben Jahr pleite. Die letzen 2 Monate wurden mir nicht mehr bezahlt. Aber durch meine Veröffentlichungen wurde Bulls Press auf mich aufmerksam und hat mir einen Künstlervertrag angeboten. Dieter Schwalm, einem der Chefs von Lappan, gefielen meine Sachen, und so kam es Anfang 2006 zu meinem ersten Buch bei denen.

• Und - kannst Du von Deinen Zeichnungen leben?

Nein, noch nicht. Aber ich arbeite dran.

• Wenn sich der also Kram nicht wirklich auszahlt, warum frönst Du dann noch dieser brotlosen Kunst?

Ich muss das machen, ich kann nicht anders.

Hattest Du Bauchschmerzen bzw. moralische Bedenken, für „Penthouse“ zu arbeiten?

Ich habe da damals tatsächlich intensiv drüber nachgedacht. Aber dann habe ich keine Sekunde gezögert, das zu tun. Penthouse, das war für mich die Chance, für ein großes Magazin zu arbeiten und ein großes Publikum zu erreichen.

• Hast Du irgendwelche Vorbilder unter den Cartoonisten?

Mit Loriot fing alles an. Später dann Gary Larson... Eigentlich konnte ich von allen Cartoonisten etwas lernen, die ich mir angeschaut habe. Und wenn es nur war, dass ich es auf keinen Fall so machen wollte.

• Hast Du Kontakt zu anderen Cartoonisten?

Nicht viel. Einmal im Jahr bin ich bei Bulls Press zum Empfang anlässlich der Frankfurter Buchmesse eingeladen. Da sehe ich dann Ralf Ruthe, Martin Perscheid, Joscha Sauer, Martin Zak und Ralf Stumpp. Mit Ralf schreibe ich mir ab und an E-Mails.

Bist Du eher ein Einzelgänger?

Eigentlich nicht. Ich kenne so viele Leute, zu denen ich Kontakt habe. Ich kenne keinen, der so viele Leute kennt wie ich. Leider habe ich wenig Zeit, viele Leute sehe ich nur einmal in zwei Jahren.

• Kannst Du uns etwas über Deine Arbeitsweise erzählen?

Ich denke, ich arbeite so wie viele andere auch. Zuerst scribble ich ein bisschen rum und mache Skizzen. Ich habe immer eine Kladde dabei, in der ich schnell irgendwelche Ideen zeichnen kann. Später am Lichttisch werden die Sachen mit Rapidographen reingezeichnet. Dann gescannt und am Rechner digital weiterbearbeitet.

Wann und wo kommen die Ideen?

Eigentlich immer und überall. Ständig passiert etwas um einen herum, dass man irgendwie bearbeiten kann. An der Supermarktkasse, in der Straßenbahn und so weiter. Manchmal inspiriert mich auch die Politik, wobei ich da die Sache von der Seite des Bürgers betrachte. Die Politiker treffen Entscheidungen, und ich zeichne, wie der Bürger sie erlebt.

• Und wie würdest Du Deinen Humor beschreiben?

Vermutlich irgendwie friesisch. Norddeutsch.

• Was ist für die Zukunft geplant?

Ich arbeite ja schon fleißig an meinem nächsten Buch. Weiterhin versuche ich, neue Zeitschriften für Veröffentlichungen zu gewinnen. Dann arbeite ich noch freiberuflich als Journalist. Und ganz nebenbei schreibe ich mit meiner Kollegin Stephanie Sieckmann noch Kurzgeschichten.

• Und wo werden die veröffentlicht?

Bisher nirgendwo. Aber ich arbeite mit Stephanie fleißig an neuen Ideen, wir wollen einen Band damit füllen.

• Und was ist mit Comics?

Comics hab ich gerade gar nicht auf dem Zettel. Vielleicht irgendwann mal wieder, wenn ich Zeit hab (lacht).

Das Gespräch führte Andreas Keiser im April 2006.

Mehr über Horst Pohl: www.pohls-unarten.de.

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