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PANEL Online, Ausgabe eins, März 2006

"Was heißt denn hier flach?
Die sind einfach völlig blödsinnig."

PeKa im Gespräch mit Bert Dahlmann

Das Interview erschien ursprünglich in PANEL Nr. 8.

PeKa (eigentlich Peter Körtje), Jahrgang '65, studiert Deutsch und Kunst an der Uni Bremen (auf Lehramt!) und haßt Hunde …

PANEL: Hi PeKa, beginnen wir mit der Standardfrage schlechthin: Wann und wie hast Du angefangen Deine Umwelt mit Deinen Comics zu be… äh…glücken?

PeKa: Naja, eigentlich sind schon meine Kinderzeichnungen Comics. So von 5 bis 8 Jahren hab' ich rauhe Mengen Cowboys und Piraten gezeichnet, die sich gegenseitig umlegen. Hin und wieder waren es auch Ritter oder was weiß ich; jedenfalls immer Menschen. Das sind fast alles schon "Comiczeichnungen", lauter schwarze Umrißlinien und so, gemalt hab' ich selten; eben ein typisches Filzstiftkind. Als ich dann die ersten "Lucky Lukes" bekam, wurde das noch schlimmer…

PANEL: … glücklicherweise, würd' ich sagen! Aber weiter, Du hast also schon immer Comics gelesen?

PeKa: Ja, Morris besonders gern, weil ich absoluter Wildwest-Fan war. "Asterix" aber auch, und dann jede Menge Disney-Taschenbücher. Richtige Bücher waren meinen Eltern zwar lieber, aber den ganzen Funnykram haben sie doch sehr wohlwollend toleriert. So ab 15 hab' ich dann die ersten "U-Comix" gelesen und diverse Schulhefte und -Tische mit Seyfried-Bullen und anderem verziert.

PANEL: Und während der großen Schulbesetzungen in Bremen hast Du dann Deinen ersten Comic, unter dem Titel "Wie man eine Schule besetzt", herausgebracht.

PeKa: Oh … äh … ja; stimmt, das war meine Erstveröffentlichung (grins). Das war 1984; wegen des Senatskonzeptes, etliche Schulen in Bremen zu schließen, gingen wir auf die nicht vorhandenen Barrikaden. Aus dem Ganzen hab' ich dann 12 Seiten Comic gemacht, 200 mal offset-gedruckt und verkauft. Vom Stil her vor allem geklauter Seyfried; … ziemlich peinlich. … Aber mit dem Drumrum war's prima.

PANEL: Eigentlich merkwürdig, daß wir uns damals nicht begegnet sind, immerhin hab' ich ja in jenen "Iden des März" damals auch etliche Aktivitäten entfaltet ("Wut-Blatt" und so). Aber gut. Wie ging's danach bei Dir weiter?

PeKa: Comicmäßig war erstmal 'ne ganze Zeit Pause, denn nach Abitur und Zividienst hab' ich versucht, einen Studienplatz für Grafik-Design zu kriegen, und zwar eher mit seriösen Mappen. In dieser Zeit hab' ich diverse S/W-Illus gezeichnet und auch einige Radierungen; wobei die Arbeit an den Radierungen sicher schon meinen jetzigen Stil geprägt hat. Im Zivildienst hab' ich auch die ersten Alben von Mœbius ("John Difool"- anm. d. Red.) und Sokal ("Canardo" - Anm. d. Red.) in die Finger bekommen. Mit dem Studium hat es dann nicht geklappt, worüber ich inzwischen ganz dankbar bin. Irgandwann stolperte ich dann über einen Haufen Schülerzeitungsleute , die 'ne Comiczeitung machen wollten und das war dann die Möglichkeit, nicht nur für die Mappe und die Schublade zu zeichnen. Dabei hat mich vor allem fasziniert, meinen Kram gedruckt unters Volk zu bringen, denn was es heißt, Kunst zu verkaufen, hab' ich durch ein paar Freunde mitgekriegt, die in der Bremer Kunstszene drinhängen. Erstens hat das was von Prostitution und zweitens nervt mich diese Pseudoernsthaftigkeit fürcherlich.

PANEL: Du würdest Dich also als Künstler sehen/bezeichnen?

PeKa: Frei nach Andy Warhol sind wir das sowieso alle, aber um das genau zu beantworten, müßten wir erst mal ein langes "Blabla" über "Was ist Kunst" machen. Als Comiczeichner sitzt man da immer sehr nahe an der Grenze zur Unterhaltung - falls es diese Grenze überhaupt gibt. Macht Groucho Marx Kunst oder David Bowie oder Hugo Egon Balder oder Pablo Picasso? Don't know, but baby who cares ….

PANEL: Zurück zu "PANEL. Inwieweit hat die Arbeit an der Zeitung beeinflußt?

PeKa: Du weißt ja selbst, was für Material für die Nr. 1 da war und das Meiste von dem Jahr Vorbereitung hatte ja sowieso wenig mit Comiczeichnen zu tun, als vielmehr mit Anzeigen, Verlagen und und und. Völlig begeistert war ich vor allem von Kleksers Seiten, die nervige Punkterei mit dem Rapi hab' ich von ihm. Inzwischen kommt 'ne ganze Menge Material, das mich beeindruckt, mit meinen Zeichnungen aber wenig zu tun hat. Das Wesentliche war und ist, seine eigenen Seiten gedruckt zu sehen und irgendwelche Rückmeldungen zu bekommen. Zufrieden bin ich noch nicht so richtig, doch, vielleicht mit dem Cover von der Nr. 1 - aber so langsam wird's.

PANEL: Apropos Feedback, vielen Leuten sind Deine Zeichnungen und Stories zu chaotisch.

PeKa: Ja, was das Graphische angeht stimmt das, und ich versuche inzwischen auch, das Ganze etwas lesbarer zu gestalten, obwohl mir das widerstrebt. An sich finde ich meinen Zeichenstil auch nicht besonders kompliziert, er ist eben extrem zweidimensional, eher eine Art Symbolsprache als eine Abbildung der Realität. Da ich die Orginale in A2 zeichne, entsteht meist ein wunderschönes Chaos aus schwarzen Flächen, aber wie gesagt, vor allem was den Seitenaufbau angeht, werd' ich schon mainstreamiger.

PANEL: Hast Du dafür oder überhaupt irgendwelche graphischen Vorbilder?

PeKa: Richtige Vorbilder hab' ich eigentlich nicht, denn ich versuche meine Zeichnungen immer so eigenständig wie möglich zu halten. Konstant irgendwelche Comicgrößen zu kupfern, kann einen zwar ein ganzes Stück nach vorne bringen, is' auf die Dauer aber fürchterlich unbefriedigend.
Aber natürlich wird man irgendwie geprägt, wenn man regelmäßig fremde Comics liest. Am Wichtigsten bei mir ist da wahrscheinlich Robert Crumb (s.a. Atelier in "PANEL" #1 - Anm. d. Red.); Mœbius liebe ich auch sehr, aber der hat einen völlig anderen Anspruch an das Medium Comic als ich. Das letzte, was mich völlig begeistert hat, waren "Mister X" und "Love & Rockets" von den Brüdern Hernandez, wahrscheinlich weil's so schön schwarz/weiß ist. (Who need's "full-color" when real life is so black and white?)

PANEL: Im Gegensatz zu Deinen Zeichnungen sind Deine Inhalte eher einfach, um nicht zu sagen "flach". Warum?

PeKa: Was heißt denn hier flach? Die sind einfach völlig blödsinnig. Nein, im Ernst, natürlich soll das Ganze eine Art von Satire sein, irgendwo in Richtung Monty Phyton oder "Per Anhalter …". Ich glaube, die herkömmliche Art von Satire ist heutzutage sowieso nicht mehr möglich, denn, wenn täglich Sendungen wie "Der Preis ist heiß" im Wechsel mit Nachrichten über Jugoslawien - 'tschuldigung -, Kroatien und Serbien laufen, ist das kaum noch zu schlagende Realsatire. Die einzige Alternative ist eben völliger Nonsens, einfach Unsinn; Bernd Pfarrs Comics sind da ein gutes Beispiel für. Bei mir kommt dann eben noch das graphische Chaos dazu. Mit viel Glück kriegt man auf diese Weise beim Leser ein Grinsen und diesen "Hä???-Effekt" hin, und mehr will ich auch gar nicht erreichen. Überhaupt ist es schon 'ne ganze Menge, wenn man die Leute ein bißchen irritiert.

PANEL: In der letzten Zeit hast Du vornehmlich "Major Punch"-Stories abgeliefert. Hast Du damit Deine Comicfigur gefunden, oder ist auch das nur eine Liason auf Zeit?

PeKa: So genau weiß ich das noch nicht. "Not Any Ant" (in "PANEL" Nr. 6, neu-veröffentlicht in "Mr. Deadhead- Life is Art enough") hat graphisch sehr viele Möglichkeiten, aber in Endeffekt ist mir die Geschichte doch etwas zu pseudohintergrundmäßig geraten. An "Major Punch" reizt mich vor allem die Möglichkeit, mit irgendwelchen Phantasie-Aliens zu jonglieren; inhaltlich bin ich mir nicht sicher, wieviel das noch hergibt. Es gibt auch schon Skizzen für Zusatzfiguren, vielleicht eine ganze Raumschiff-Crew, so in Richtung "Enterprise" oder "Lindenstraße" im Weltraum, frag' mich 'ne Woche vor'm nächsten "PANEL" .

PANEL: Du bist bei "PANEL" ja nicht nur Zeichner und Rezensent, sondern hast auch noch die "Zeichner-Redaktion" am Hals.

PeKa: Im Endeffekt ist der Begriff etwas zu hochgestochen, das meiste entscheiden ja doch so ziemlich alle (in der Redaktion). Aber klar, ich geb' meinen Kommentar zu den Zuschriften, die wir bekommen. Das heißt nicht, daß ich besonders toll Comics zeichnen kann, aber es gibt diverse Kriterien, die sich verallgemeinern lassen, und durch mein Studium und vor allem durch meinen reichlichen Comickonsum hab' ich zumindest eine gewisse Erfahrung. Reißen tu' ich mich bekanntlich nicht um den Job, aber ein bißchen mehr als "Das finden wir gut/schlecht" haben die Leute, die mit ihren Comics ankommen schon verdient. Wer sich bei Kritik allerdings gleich ans Bein gepisst fühlt, is' selber schuld. Das immer wieder Post wochen …

PANEL: Monate, wolltest Du wohl sagen …

PeKa: … okay, … monatelang liegenbleibt, tut mir leid, aber vor allem Absagen schreiben macht wirklich ziemlich wenig Spaß.

PANEL: Wem sagst Du das! Aber ergreifen wir doch die Gelegenheit. Was kannst Du denn generell jemanden empfehlen, der uns Zeichnungen schicken will?

PeKa: Zuerst mal auf jeden Fall mindestens ein Format größer zeichnen, als gedruckt wird; d.h. für "PANEL" mindestens A3 Orginale, aber davon natürlich nur Kopien schicken. Außerdem keine ungerasterten Grautöne, dann flippt unser Drucker völlig aus. Das sind eigentlich die Hauptregeln und die gelten wohl für jede Zeitung in unserer Größenordnung. Außerdem kriegen wir in letzter Zeit ziemlich viele Einzelzeichnungen, Cartoons und so …. Die können noch so gut sein, aber bei unserem Konzept passen höchstens ein oder zwei in eine Ausgabe.

PANEL:Wenn überhaupt!

PeKa: Comix zwischen ein und acht Seiten sind am Günstigsten, bei längeren Sachen gibt's dann wieder neue Probleme. (Anm. d. Red.: heute sind Stories bis ca. 16 Seiten kein großes Problem. Für aktuelle Zusendungen siehe unsere Spielregeln-Seite).

PANEL: Du vergißt unsere Strip-Seiten und die Möglichkeit der Half-Pages.

PeKa: Richtig, erstaunlich, wie sich das mit den Strips so entwickelt hat, hätt' ich echt nicht gedacht.
'Ne andere nervige Sache ist, daß einige Leute ihre Seiten gleich an sämtliche Fanzines schicken. Solange mal in zwei oder drei das Gleiche erscheint, geht's ja noch …

PANEL: Ansichtssache, ich halte es für eine Unart, daß einige Sachen dutzendweise auftauchen, während viele mindestens ebensogute Sachen deshalb in irgendwelchen Schubladen Staub ansetzen.

PeKa: Laß mich doch ausreden. Ich wollte sagen, daß es ja auch Leser gibt, die mehrere Zines abonnieren und von daher find' ich sowas "lästig". Das Mindeste, was ich von den Leuten erwarte, is' dazuzuschreiben, wo etwas schon mal erschienen oder aber in den nächsten paar Monaten erscheinen soll.
Alles in allem freu' ich mich aber über jede Zuschrift, bei der ich das Gefühl hab', der oder die hat für's Zeichnen länger gebraucht, als ich für den Antwortbrief.

PANEL: Einverstanden. Aber zurück zu PeKa als Zeichner. Wie sieht's denn mit'm Geld aus?

PeKa: Trotzdem sich in den letzten Jahren bei den deutschen Verlagen einiges getan hat, ist die günstigste Möglichkeit, mit Comics Geld zu verdienen, immer noch Reklame. Und die wollen einen möglichst einfachen Strich, zumindest einen leicht lesbaren, und dazu muß ich mich fürchterlich zwingen. Überhaupt hasse ich es, nicht meine eigenen Ideen verwirklichen zu können; Auftragsarbeiten sind aber das einzige, was es finanziell bringt. Hin und wieder mach' ich auch so mal Plakate, aber meist' für Leute, die selbst kein Geld haben. Momentan entstehen noch diese oder jene Gelegenheiten, aber davon leben wäre hart bis unmöglich. Bevor ich anfange, Glückwunschkarten zu zeichnen, werd' ich jedenfalls lieber comiczeichnender Lehrer. (Der Wunsch ist mittlerweile in Erfüllung gegangen - Anm. d. Red.) Aber vielleicht zauberst Du ja auch demnächst Honorare aus dem Ärmel.

PANEL: Wenn Du mir sagt wie und woher, jederzeit, lieber gestern als heute! Aber mal konkret, was für Pläne hast Du für die nächste Zeit?

PeKa: Also, zum einen kämpf' ich noch mit dieser Raumschiff-Idee, muß man sehen. An der Uni beschäftige ich mich gerade mit Zeichentrick, und abgesehen von der Technik ist das auch sehr faszinierend. Was Comics angeht, sind außerdem eine oder mehrere Stories mit Hanke (Homburg) in Arbeit - das erste fertige Ergebnis ist das neue "PANEL"-Logo (Logo von PANEL # 8 bis # 10 - Anm. d. Red.). Ich hätte auch Lust mal was für andere Zeitungen zu zeichnen, …

PANEL: Ähem …

PeKa: … denn das, was im "SI-Kartuun" erschienen ist, war ja - genauso wie die Seiten von Nils Fliegner - nur altes "PANEL"-Material. Ich denke da vor allem ans "Comic Trash", und wenn ich mal ganz viel Zeit hab', werd' ich mich auch mal an 'ner Seite für U-Comix probieren (Geld, Geld …); aber das ist nur Zukunftsmusik. Im Moment ist die Arbeit für "PANEL" reichlich genug und solange sich unser "Blättchen" weiter- und nicht zurückentwickelt, geht das auch voll in Ordnung.

PANEL: Fällt Dir noch was ein?

PeKa: Naja, ich kann Dir noch erzählen, daß ich mit 0,35er und 0,5er Rapi zeichne und dazu meistens Bowie höre; oder wir diskutieren über den Gebrauch englischer Vokabeln in meinen Comics.

PANEL: Macht es Dir sehr viel aus, wenn wir die Vokabel-Diskusion noch'n paar Jahre verschieben? Ich glaub' nämlich nicht, daß das allzuviele unserer Leser- bzw. KäuferInnen interessiert.

PeKa: 'Seh' ich genauso.


Bisherige Veröffentlichungen :

1984 - "Wie man eine Schule besetzt" (vergriffen)
1988 - "Immer dasselbe …" ("l'escamoteur" #9 - vergr.)
1988 - "The Big Nothing" ("l'escamoteur #10 - vergr.)
ab 1989 - Veröffentlichungen in "PANEL"
(ab 1990 Zweitveröffentlichungen in "SI-Kartuun")
1995 - "Mr. Deadhead - Life is Art enough" (Restexemplare im Panel-Vertrieb)

Das Interview führte Bert Dahlmann, der ebenfalls die "Comicographie" zusammenstellte. Alle verwandten Zeichnungen auf dieser Interview-Doppelseite entstammen aus PeKas Feder und Archiv.

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