News
Entenstraße

Edition PANEL
Das Heft
Alben
pti edition
Postcard Edition
Künstler
Warenkorb

Forum
Kontakt
Links
Suche
Newsfeed
Impressum

PANEL Online, Ausgabe eins, März 2006

Cat Daddy Original

Darius James sprach mit Johnny Depp am “From Hell” Set in Prag

Depp und James and HughesAls die Hughes Brothers bekannt gaben, ihr nächster Film wäre im viktorianischen England angesiedelt, gaben sich die Experten in Hollywood überrascht. Mit dem Debüt "Menace-II-Society" von 1993, dem ambitionierten "Dead Presidents" und dem selbst-finanzierten "American Pimp“ hatten sich die beiden Ungelernten als Spezialisten für zeitgenössisches Urban Crime Drama etabliert. Man nahm an, die beiden Storyteller aus Detroit würden weiter crackgetriebene Gewalt in der Großstadt für die Multiplex-Kinos in den Vorstädten drehen. Stattdessen brachten sie aber ihre urbane Hip-Hop- Ästhetik zu neuen Ufern und adaptierten Alan Moore's und Eddie Campbell's preisgekrönte Graphic Novel "From Hell".

Mit einer detailgetreuen Betrachtung der rituellen Morde an fünf Prostituierten im London des 19.Jahrhunderts bezieht der Film, wie auch der Comic, seine Inspiration aus Stephen Knight's "Jack the Ripper: The Final Solution“ und geht der Theorie nach, der zufolge ein hochrangiger aristokratischer Logenbruder die Morde auf direkten Befehl der englischen Krone ausgeführt hat.
Dies war ein Hughes Bothers-Film ohne Rap-Musik oder „MACH-9 totin Negroes". Tatsache war, dass der einzige vage identifizierbare Neger unter den Darstellern Johnny Depp war: (Man könnte zusätzlich Co-Star Heather Graham anführen, aber ihr Arsch ist nicht groß genug!) Offensichtlich zeigt dieser Film ein viktorianisches England, gefiltert von einer Ernsthaftigkeit im Hip Hop.

Johnny Depp spielt den, in einer Hommage an die Kokain-Gewohnheiten von Sherlock Holmes, opiumsüchtigen Schnüffler, Fred Aberline, der das Geheimnis hinter den monströsen Verstümmelungen und ihren okkulten Bedeutungen aufdeckt und gelähmt ist von den Mechanismen aus Macht und Korruption hinter der herrschenden Klasse von England's Monarchie. Durch Zufall konnte ich Depp in seiner Suite im Hotel Praha in Prag besuchen, wo "From Hell" gedreht wurde. Der Unit Publicist der Produktion, Larry Graham, hatte klar gemacht, dass Depp noch nie Interviews während eines Drehs gegeben hatte und es auch weiter nicht tun würde. Aber für mich war es anders. Es stellte sich heraus, dass Depp meine Arbeit kannte. Er trug drei Jahre mein Buch "Negrophobia" mit sich herum nachdem er davon am Set von "Gilbert Grape" gehört hatte. So war er in gleichem Maße geehrt wie ich als wir uns trafen. Er fiel auf die Knie und verbeugte sich.
Obwohl es erst 10:30 am Morgen war, war es wie ein Gespräch spät Nachts mit einem intimen, brillianten Freund nachdem alle Kneipen schon geschlossen sind. Back to the crib, man hört etwas Jazz (in unserem Falle Monk), wir zwei beiden gesetzten Haudegen, wie zwei ältere Jazz Musiker mit schmierigen Schweinebauch Sandwiches hinten in der Hosentasche. Depp, stellte sich heraus, war ein Cat Daddy Original. Ein radikaler Amerikaner bis in die Knochen.

Depp: Es ist alles die Schuld meines Bruders. Ja, es ist alles seine Schuld, Er war im Prinzip von Geburt an Schriftsteller. Er hat alles gelesen, jedes Buch, was irgendwie geschrieben wurde. Ein smarter Typ, der sehr viel weiß. Und er hat immer von diesen ganzen Typen geredet, als ich ein Kind war - Hemingway - Fitzgerald - Kerouac war derjenige, der immer wieder auftauchte. Ich erinnere mich noch daran wie ich On the Road gelesen habe, ich dachte - wow! Das ist es! Das ist es! On the Road erschien wie eine Art Freiheit. Da ist etwas so optimistisches an diesem Buch.
Als ich anfing groß zu werden, sah ich mich um und es schien nicht so ganz dasselbe zu sein wie es im Buch stand. Es war nicht so optimistisch, weißt du? Es hat nicht diesen Zusammenhalt und diese Möglichkeiten, was mich tiefer und tiefer in das Buch kriechen ließ. And glaub mir, das geht, zumindest für einen einzelnen Typen.

Darius: Du hast mal daran gedacht, Kerouac zu verfilmen...

Depp: Ich dachte daran, weil On the Road all die Jahre so eine Bibel für mich war. Ich ging in meinem Kopf hin und her. (er sieht mir genau in die Augen und sagt:) Macht man das? Tut man einem Buch das an? Und die andere Seite von mir dachte, jemand anders wird es vor mir tun. Spring drauf, Mann. Weil, wenn es jemand anders macht, wird er sich für die Substanz nicht so sehr interessieren wie du. Sie reiten es in den Arsch. So habe ich hin und her debattiert. Dann kam auf einmal ein Script rein und es war... interessant. Dann habe ich mich aber entschieden, dass es eins von diesen Dingern ist, die du besser nicht anfasst. Man sollte es nicht in den Arsch reiten, wirklich! Weißt du, es ist wie mit dem Fänger im Roggen. You can't fuck with that! Lass es einfach, lass die Charaktere in deinem Kopf leben. Drück den Leuten keine Bilder rein. Sie werden ihre eigenen Bilder haben, wenn sie das Buch lesen. Ich denke immer noch, er ist ein faszinierender Mensch. Diese ganzen Typen waren es. Ich war so froh, dass ich Ginsberg getroffen habe. Abgesehen davon, dass er Howl, Kaddish und all das geschrieben hat, mochte ich Allen als Mensch wirklich sehr gern. Er war ein so komischer Typ. Ich traf ihn am Set von The United States of Poetry.

Darius: Ich wurde dafür auch gefragt. Ich habe abgesagt weil das Eindringen der ganzen Mainstream Medien wie MTV die New Yorker Spoken-Word-Szene zu dieser Zeit zerstört hatte.

Depp: Da haben wir wieder das Problem! MTV ist ein großer Teil von diesem Problem.

Darius: No shit.

Depp: Ich habe als Teil der United States Of Poetry ein paar von Jacks Gedichten aus Mexico City Blues gelesen. Da habe ich Allen getroffen . Ich bin ein verdammter Kettenraucher und er hat mich immer fertig gemacht, weil er gegen Rauch allergisch ist. Er hat angefangen, mich zu korrigieren, während ich den Text las. Er meinte so, mach es so, wie Jack es gemacht hätte. Da war ich also, dachte so, ok, er erobert hier gerade dein verdammtes Territorium. Und ich musste zu fuckin' Allen Ginsberg sagen - "Ich mache es nicht wie Jack. Ich mache es wie ich. Ich tue nicht so als wäre ich er. Ich lese die Worte, wie ich denke, das sie gelesen werden sollten. (lacht) Es war ein sehr seltsamer Moment. Das war für ihn dann auch völlig in Ordnung. Er meinte nur, (beugt sich vor) ICH BEUGE MICH! Ich sagte, uh-uh, man. Das bin ich nicht.
Ich hätte sehr gern Burroughs getroffen.

Darius: Ich habe Burroughs am Telefon interviewt, als Terry Southern gestorben ist.

Depp: Jim (Jarmusch) kannte Burroughs. Jim hat diese großartige Geschichte. Sie haben im Bunker rumgehangen und Burroughs sagte, er würde etwas aus seinem Lieblingsbuch vorlesen. Er holte also "the joy of cooking" hervor (ahmt Burrough's flaches, trockenes Haspeln nach): Wie man eine Opossum zubereitet. Erstens, man häutet das Tier...

Darius: Die Stimme war ziemlich gut getroffen.

Depp: Burroughs hatte so eine verdammt große Stimme. Was für ein großer Character. Das ist, was ich befürchte. Dass es keine großartigen Charakters wie ihn mehr gibt. Wir verlieren sie alle, die ganzen Individualisten, echte Individualisten.

Darius: Allen (Hughes) und ich haben darüber gestern geredet. Der eigentliche Grund, warum die Brüder die Dokumentation über Richard Pryor gemacht haben, war, um die Charaktere zu präsentieren, die er in seinem Humor verkörpert hat und wie diese Leute zu einer aussterbenden Generation gehören, einer Gruppe von Menschen, die einfach nicht mehr hier sein werden

Depp: Oh, yeah. Es ist so als ob ich oder Allen etwas über Richard Pryor machen würden. Oder American Pimp. Denk darüber nach, wenn wir nicht diese Library of Congress-Aufnahmen von Jelly Roll hätten, du weißt was ich meine? Es geht darum, etwas am Leben zu erhalten.

Interview und Foto: Darius James (read his great books “Negrophobia” and „Blaxploitation“!)

Original erschienen in PANEL Nr. 21

Die Hintergrundstory zu diesem Interview ist in Darius James' Buch "Voodoo Stew" zu lesen, erschienen im Verbrecher Verlag.

PANEL Online, Ausgabe eins, März 2006
alle Interviews


e-zine - Impressum - Kontakt