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PANEL Online, Ausgabe eins, März 2006

Verlagsportrait:

Schöner gruseln mit IDW

Vampire und Werwölfe, Geister und Ghoule, Mumien und Mutationen - die klassischen Horrorfiguren sind verbraucht und kommerziell ausgeschlachtet. Halbherzige Kinofilme wie Van Helsing und anderer Tand belegen das. Seit einiger Zeit allerdings bringt der kleine amerikanische Comicverlag IDW erstaunlich gute Horror-Comics heraus, die dem Genre ganz neue Seiten abgewinnen. Das gelingt durch eine bemerkenswerte Ansammlung an unverbrauchten Talenten. Autoren wie Steve Niles und Rob Zombie schreiben unterhaltsame und intelligent erzählte Comics, und Zeichner wie Ashley Wood und Ben Templesmith überaschen mit edlen Bildern. Die Hefte sind meist liebevoll aufgemacht, mit hervorragendem Papier, einem Comicteil ohne Werbeunterbrechungen und einem redaktionellen Teil, der quer durch die ganze Linie erscheint. Dieser Magazinteil enthält meist ein Kurzinterview, das auf eine der anderen Serien hinweist, Leserbriefe zu allen IDW-Comics und - eine Kurzgeschichte.

IDW-Comics geben einem das Gefühl, an einer Community teilzuhaben, und das ohne Unendliche Krisen und Crossovers. Das Ganze ist mit ca $4 allerdings deutlich teurer als übliche Comics. Das ist wohl unvermeidlich, unterstreicht aber auch, in Verbindung mit der edlen Aufmachung, die Exklusivität eines feinen Clubs.

IDW (Idea & Design Works) wurde 1999 als Multimediafirma gegründet und 2000 um den Verlag IDW Publishing erweitert. Die erste Veröffentlichung, ein Bildband mit Ashley Wood, setzte bereits einen hohen künstlerischen Standard. Der Durchbruch im Comicbereich gelang 2002 mit Steve Niles' und Ben Templesmiths "30 Days of Night". Der Überraschungshit verband eine originelle Horrorstory mit überragender Graphik - Templesmiths düstere, schemenhafte Bilder gaben perfekt die Atmosphäre von Niles' Vampirstory wieder. Ungewöhnliches und gut eingespieltes Storytelling traf auf eine deutliche Marktlücke - Horrorcomics, die richtig gruseln.

Von da breitete sich IDW durch geschicktes Einkaufen von Franchises aus - lizensierte Comicfassungen von TV-Serien wie CSI, 24, Angel, The Shield sowie von Filmen wie Shaun of the Dead oder Underworld war schnell eine ordentliche Bandbreite von Publikationen zu bieten - mit mehr oder weniger künstlerischem Erfolg. IDW macht kein Geheimnis daraus, ein kommerzielles Unternehmen zu sein. Der jüngste Coup in dieser Richtung ist die Übernahme der Lizenz für die Transformers - der Veröffentlichung der eigentlichen Comics ging eine intensive Recherche in Fankreisen voran, was die Fans denn eigentlich lesen wollen. Parallel konnte das Standbein des ambitionierten Horrors ausgebaut werden, mit Serien wie Shadowplay und Clive Barkers The Great and Secret Show. Mit dem Fumetto "Dampyr" wird wiederum Neuland (Italien) betreten, in den USA keine Selbstverständlichkeit. Neu und ebenfalls ungewöhnlich sind "Will Eisner"s John Law" (ab April) und die Originalskripte zur TV-Serie "Angel" (seit März).

Vieles an IDW erinnert an Dark Horse, jenen Independentverlag, der sich seit Ende der Achtziger aus seiner Nische (Filmadaptionen) herauswagte und, mit einer kritischen Masse außergewöhnlicher Talente wie Frank Miller und Mike Mignola ausgestattet, den Sprung in die Oberliga schaffte. Wenn IDW weiter auf qualitativ hochwertige Eigenproduktionen neben den einträglichen Lizenzausgaben setzt, kann dieser Verlag durchaus zu einem vergleichbaren Überflieger werden.

Spätestens die Franchises markieren aber auch qualitativ eine Wende. Zum Teil, weil sie das Problem aller Nebenserien teilen - die eigentlichen Entwicklungen geschehen nicht in den Comics, sondern in den zugrundeliegenden Fernsehserien. Deshalb kann z.B. ein Angel-Comic nie so fesseln wie die TV-Serie. Allein dadurch schon besteht die Gefahr, daß das Verlagsprofil sich ausdehnt und die erzählerische Qualität von 30 Days of Night sich auf einen Bruchteil der Serien beschränkt. Darunter könnte IDW's derzeitiges Image als Qualitätsmarke leiden.

IDW am Beispiel

30 Days of Night
Steve Niles und Ben Templesmith haben mit "30 Days of Night" und den nachfolgenden Sequels ein echtes Meisterwerk geschaffen. Die Presse reagierte euphorisch, es gab Auszeichnungen und bemerkenswerte Verkaufszahlen. Tempelsmiths Bilder sind atemberaubend frisch und aufwendig koloriert. Niles' Erzähltalent läßt ihn gerade an einem Drehbuch sitzen. So will das ideenlose Hollywood den Stoff bald in die Kinos bringen.

Dampyr
Was dem Japaner der Manga, ist dem Italiener der Fumetto Nero. Obwohl die Mystery-Serie "Dylan Dog" der bekannteste Vertreter dieser Gattung ist, entschied sich IDW, die Vampirsaga "Dampyr" in den USA heraus zu bringen. Die Serie ist vollständig schwarz-weiß und überzeugt mit schönem Pinselstrich, ausgefeilten Charakteren und spannender Story. Ein Band kostet $7,99, was leider ziemlich überteuert ist, kostet "Dampyr" im Original doch nur €2,20. Dafür ist die amerikanische Ausgabe, mit Titelbildern von Kultzeichenr Ashley Wood, besser aufgemacht.

CSI
Eine der gelungeneren Lizenzausgaben. Siehe unsere Rezension für Details.

Shadowplay
Mit diesem Titel verwandelt IDW eine weitere Horror-Tradition in etwas Eigenes: das Double Feature. Shadowplay besteht aus zwei Fortsetzungsgeschichten, die sich die vier Hefte teilen. Die Graphik stammt von den IDW-Aushängeschildern Ashley Wood und Ben Templesmith, für die Stories konnten Christina Z (Witchblade) und Amber Benson (Willow & Tara, Ghosts of Albion) gewonnen werden. Besonders Benson/Templesmith können in "Demon Father John's Pinwheel Blues" den Horror gleich auf mehreren Ebenen bedienen. Die zweite Geschichte, Shunt, leidet trotz einer faszinierenden Ausgangssituation an flachen Dialogen und teils doch etwas zu diffusen Bildern. Der eigentliche Star des Hefts ist allerdings das Format, das Zusammenspiel der beiden Geschichten. In der Gesamtheit ein gelungener Wurf.

Supermarket
Etwas völlig anderes ist "Supermarket" von Brian Wood und Newcomer Kristian Donaldson. Kein Horror, kein Franchise, stattdessen eine Yakuza-Geschichte in einer beklemmend realistischen, vollkommerzialisierten Zukunft, in einem Stil irgendwo zwischen Sechziger-Werbegraphik und Tim Sale auf Acid umgesetzt. Supermarket ist einer der Titel, mit denen IDW es schafft, unabhängig von den Mainstream-Lizenzen einen eigenen Weg zu gehen und in einer Weise neugierig zu machen, die selten geworden ist.

IDW in Deutschland

Auch hierzulande sind inzwischen einige IDW-Titel erschienen. Hier eine Auswahl.

"30 Days of Night", "Blood-Stained Sword" bei Infinity;
CSI und "Silent Hill" bei Panini Comics;
"24" bei Cross Cult (angekündigt für Anfang 2007);
"Shaun of the Dead" bei ehapa.

Jähling & Keiser

IDW im Netz: www.idw-publishing.com.

Zuletzt aktualisiert: 27. 4. 2006

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