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07. 01. 2016

Wir alle sind Charlie! Ein Jahr nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo"

Am 7. Januar 2014 stürmten ein paar „Idioten mit Knarren“ (André Franquin) in die Redaktionsräume der bekannten französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ und ermordeten insgesamt zwölf Menschen. Zu den getöteten gehörten auch der Chefredakteur Stéphane „Charb“ Charbonnier („Brief an die Heuchler“), und die bekannten Zeichner George Wollinski („Paulette“, „Alles kaputt“, „Offener Brief an meine Frau“), Jean „Cabu“ Cabut („Der große Duduche“, „Tonton“), Bernard „Tignous“ Verlhac („5 Jahre unter Sarkozy“), Philippe Honoré („Ich hasse kleine Phrasen“), die teilweise schon zum Team der legendären, regelmäßig verbotenen Vorgängerzeitschrift „Hara Kiri“ (1960 – 1985) gehörten.
Die weiteren Mordopfer waren der Wissenschaftler Bernard „Oncle Bernard“ Maris, einer der Mitinhaber des Verlages, der Lektor Mustapha Ourrad, Elsa Cayat, eine Psychologin, Michel Renaud, ein Kulturveranstalter, der Wartungstechniker Frédéric Boisseau, sowie den Bodyguard Franck Brinsolaro und der Polizist Ahmed Merabet. Außerdem wurden bei dem feigen Attentat auch noch elf weitere Personen verletzt.
An den folgenden beiden Tagen ermordete ein anderer Idiot noch mehr Menschen und letzten November waren wieder ein paar Idioten am Werke, die mit ihrer Freiheit nichts weiter anzufangen wussten, als die Freiheit anderer zu zerstören, sprich diese feige zu ermorden.
Sicherlich hat mir vieles von dem, was in „Charlie Hebdo“ vorher und nachher erschienen ist, nicht gefallen, aber dies ist mein ganz persönliches Problem. Deshalb habe ich - und auch niemand anders – aber noch lange nicht das Recht, die Künstler und Journalisten zu ermorden. Von den Technikern und Beamten, die froh waren einen Job zu haben (auch nicht so ganz einfach heutzutage), mal ganz abgesehen.
Aber dies war kein "normaler" Terroranschlag, dies war ein feiger Versuch die in Jahrhunderten erkämpfte Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit zu ermorden. Mit dem Wunsch die Freiheit des Geistes, des Denkens und aller Menschen einzuschränken, diese zu vernichten.

Niemand hat das Recht einen anderen Menschen zu töten! Weder ein Staat, noch eine Gruppe, noch ein Konzern, und sicherlich auch keine Spinner, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen. Meist wird so was heutzutage ja mit irgendwelchen religiösen „Offenbarungen“ und Dogmen versucht zu rechtfertigen, aber was für ein Gott soll das bitteschön sein, der ein paar durchgeknallte Typen braucht um sich zu rächen? Ist dieser Gott so klein? Hat irgendein Gott so etwas dämliches tatsächlich nötig? Das müsste dann ja ein ziemlich armseliger und erbärmlicher Gott, Prophet und Glaube sein. Gott hingegen würde ich zutrauen, dass er über solchen kleinlichen Moralisten steht, zumal er ja auch noch das letzte Wort hat, ganz am (Lebens-) Ende. Und überhaupt scheint das Vertrauen in diesen „Gott“ bei solchen dummen Attentätern ja auch nicht besonders groß zu sein, wenn sie tatsächlich glauben sollten, dass ihr „Gott“ wirklich sie braucht um seine Ehre (oder was auch immer) zu rächen. Im Endeffekt ist das sicher die wirkliche Blasphemie, wenn diese ihren „Gott“ so klein und feige machen. Wenn sie die inhaltliche Auseinandersetzung, die offene Diskussion scheuen und stattdessen feige morden.
Hat die Menschheit denn noch immer nicht genug aus den religiös verbrämten Machtkämpfen und Machenschaften der letzten Jahrtausende gelernt? Aufklärung, Toleranz und Bildung sind aber wohl zu kompliziert und bedeuten wohl auch zu viel Disziplin, Nachdenken und Geduld, als dass sie für solche Idioten eine Option sein könnten.
Sicher, Satire kann (muss vielleicht sogar) weh tun, auch persönlich treffen, dies ist sogar die Aufgabe der Satire. Doch wenn sich jemand beleidigt füllt, kann er zum einen persönlich, verbal, schriftlich und auch juristisch dagegen vorgehen, zum anderen hindert ihn auch niemand selbst das Wort zu ergreifen und öffentlich seine Meinung kund zu tun (es sei denn, er fordert zu Straftaten auf, dies ist nämlich auch strafbar). Sicherlich gibt es auch unendlich viele Artikel, Texte, Filme, Musik, Bilder, Theateraufführungen, Comics, Posts etc., die mir nicht gefallen; die ich vielleicht auch beleidigend finde, die meine Gefühle verletzten, die ich wohlmöglich sogar hasse. Die Frage, ob Kunst und Satire alles dürfe, muss dennoch ganz klar bejaht werden, auch wenn es verschiedentlich weh tun mag. Aber zu unserer persönlichen Freiheit gehört eben auch, dass wir alle dies aushalten müssen!
Mord und Terror sind allerdings keine Option! Andernfalls sind wir sofort wieder auf dem Rückweg zur Diktatur und da ist es im Endeffekt völlig egal, wer dann am Ende die „Zensur“ ausübt, ob Genosse, König, Priester, Rabbi, Iman ... oder auch der „freundliche“ Blockwart von nebenan. Diese Zustände wären nämlich wahrhaftig unerträglich. Wer seine eigene Freiheit will, der muss eben auch die Freiheit Andersdenkender und -Fühlender ertragen. Sicherlich nicht immer ganz einfach, aber dies ist tatsächlich der einzig mögliche Weg!
Das Echo auf den feigen Anschlag auf die Freiheit der Meinung, der Presse, der Kunst, ja auf die Freiheit aller Menschen war dann auch weltweit eindeutig. Am pointiertesten kam es aus der Feder von Cartoonistinnen, Cartoonisten, Karikaturisten, Karikaturistinnen, Comic-Künstlerinnen und – Künstlern, beispielhaft sei hier der Cartoon des Australiers David Pope erwähnt (s.o.). Aber auch Chefredakteure und Herausgeber nahezu aller Medien auf der Welt waren entsetzt und schrieben dies in zum Teil sehr persönlichen Statements und Kommentaren.
Wirklich übel auf stieß mir hierzulande nur der ziemlich dreiste und plumpe Versuch, einiger intoleranter Gruppen und Personen, aus den Opfern billig Kapital zu schlagen. Dass dies nicht gelang, macht allerdings Hoffnung. Bissige Kommentare ließen dann auch nicht lange auf sich warten (s.u. den Cartoon von Jähling).
Meine/unsere Solidarität gilt natürlich in erster Linie der neuen Redaktion von „Charlie Hebdo“, mein Mitgefühl den Angehörigen, meine Trauer gilt den Opfern und auch dem Verlust ihrer jetzt nie mehr entstehenden Werke.

Bert Dahlmann
(PANEL-Chefredakteur)

[Cartoons © David Pope / oben & © Max Jähling / unten]


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